Die richtige Lösung.

Steuerfalle Übertrag Wertpapierdepot

Autor: Mag. Andrea Fabi-Höcketstaller LLB.oec
Datum: 24. September 2020

Seit Einführung der Zuwachsbesteuerung für Kapitalvermögen am 1.4.2012 sind sämtliche Veräußerungsgewinne aus Wertpapierverkäufen steuerpflichtig. Wenige jedoch bedenken die sogenannten „fiktiven Veräußerungen“, die schnell zur Steuerfalle werden können…

Neben Sachverhalten wie einem Wegzug aus Österreich oder einer Unternehmensliquidation liegt auch im Falle der Entnahme oder des sonstigen Ausscheidens von Wertpapieren aus dem Wertpapierdepot eine fiktive Veräußerung und damit ein steuerwirksamer Vorgang vor. Wenn man daher seine Wertpapiere von einem Kreditinstitut zu einem anderen Kreditinstitut überträgt, unterstellt das Gesetz eine Veräußerung und sind die stillen Reserven zum Zeitpunkt der Depotentnahme in der Regel mit 27,5% zu versteuern.

Beispiel: Ein in Österreich unbeschränkt Steuerpflichtiger hat Aktien bei einem deutschen Kreditinstitut. Am 31.1.2020 lässt er seine Wertpapiere auf die Zweigniederlassung der Bank in Österreich übertragen. Er beauftragt die Bank nur mit dem Übertrag, ansonsten gibt er keine Anweisungen an das deutsche Bankinstitut. Gemäß § 27 Abs. 6 EStG liegt eine fiktive Veräußerung vor. Der Verkehrswert der Aktien im Zeitpunkt der Depotentnahme 31.1.2020 beträgt € 12.000. Die seinerzeitigen Anschaffungskosten aus 2015 belaufen sich auf € 8.000. Der fiktive Veräußerungsgewinn beträgt somit € 4.000. Es fällt eine Steuer in Höhe von 27,5% somit € 1.100 an. Der Verkehrswert per 31.1.20 von € 12.000 gilt somit als neuer Anschaffungswert. Wenn die Aktien in 2021 um € 10.000 verkauft werden, ergibt sich ein Verlust in Höhe von € 2.000,00. Sofern in 2021 keine anderen Wertpapiererträge realisiert werden, mit denen der Verlust verrechnet werden kann, geht der Verlust ins Leere. Im Ergebnis wurde dann eine Steuer auf € 4.000,00 (€ 12.000 - € 8.000) bezahlt, obwohl der Veräußerungsgewinn tatsächlich nur € 2.000 beträgt (€ 10.000 – € 8.000).

In folgenden Fällen liegt jedoch KEINE fiktive Veräußerung vor:

  1. Bei der Übertragung auf ein anderes Depot desselben Steuerpflichtigen bei derselben depotführenden Stelle

Beispiel: Der Steuerpflichtige überträgt seine Aktien innerhalb des deutschen oder österreichischen Kreditinstituts auf eine andere Depotnummer. Es ist keine Meldung erforderlich.

  1. Bei der Übertragung auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei einer inländischen depotführenden Stelle, wenn der Steuerpflichtige die übertragende depotführende Stelle beauftragt, der übernehmenden depotführenden Stelle die Anschaffungskosten mitzuteilen

Beispiel: Der Steuerpflichtige überträgt seine Aktien vom deutschen oder österreichischen Kreditinstitut auf sein österreichisches Bankinstitut und beauftragt die deutsche bzw. österreichische Bank der übernehmenden österreichischen Bank die Anschaffungskosten mitzuteilen, sodass eine weiterführende Besteuerung möglich ist.

  1. Bei der Übertragung von einer inländischen depotführenden Stelle auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei einer ausländischen depotführenden Stelle, wenn der Steuerpflichtige die übertragende depotführende Stelle beauftragt, dem zuständigen Finanzamt innerhalb eines Monats seinen Namen und seine Steuer- oder Sozialversicherungsnummer, die übertragenen Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten sowie jene Stelle mitzuteilen, auf die die Übertragung erfolgt.

Beispiel: Der Steuerpflichtige überträgt seine Aktien von einem österreichischen Kreditinstitut auf sein deutsches Wertpapierdepot und beauftragt die österreichische Bank dem Finanzamt binnen 1 Monats ab Übertrag sämtliche Daten zum Übertrag mitzuteilen.

  1. Bei der Übertragung von einer ausländischen depotführenden Stelle auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei einer anderen ausländischen depotführenden Stelle und bei der unentgeltlichen Übertragung von einer ausländischen depotführenden Stelle auf ein Depot eines anderen Steuerpflichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem zuständigen Finanzamt innerhalb eines Monats die übertragenen Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten sowie jene Stelle und jenen Steuerpflichtigen mitteilt, auf den die Übertragung erfolgt.

Beispiel: Der Steuerpflichtige überträgt seine Aktien von einem deutschen Kreditinstitut auf ein anderes deutsches Kreditinstitut bzw. der Steuerpflichtige schenkt/vererbt seine Aktien an seinen Sohn und überträgt daher die Aktien von einem deutschen Kreditinstitut auf das Depot seines Sohnes (In- oder Ausland). Er bzw. die Verlassenschaft teilt dem Finanzamt binnen 1 Monats ab Übertrag sämtliche Daten zum Übertrag mit.

  1. Bei der unentgeltlichen Übertragung von einer inländischen depotführenden Stelle auf das Depot eines anderen Steuerpflichtigen, wenn
  • der depotführenden Stelle anhand geeigneter Unterlagen (insbesondere Notariatsakt, Einantwortungsbeschluss, Schenkungsmeldung) die unentgeltliche Übertragung nachgewiesen wird,

oder

  • der Steuerpflichtige die depotführende Stelle beauftragt, dem zuständigen Finanzamt innerhalb eines Monats seinen Namen und seine Steuer- oder Sozialversicherungsnummer, die übertragenen Wirtschaftsgüter, deren Anschaffungskosten und gegebenenfalls jene Stelle mitzuteilen, auf die die Übertragung erfolgt

Beispiel: Der Steuerpflichtige schenkt/vererbt seine Aktien an seinen Sohn und überträgt daher die Aktien von einem österreichischen Kreditinstitut auf das Depot seines Sohnes (In- oder Ausland). Er bzw. die Verlassenschaft weist der österreichischen Bank entweder die Schenkung/Erbschaft nach oder er beauftragt die österreichische Bank damit, dem Finanzamt binnen 1 Monats ab Übertrag sämtliche Daten zum Übertrag mitzuteilen.

Abgrenzung Depotentnahme - Wegzugsbesteuerung

Steuerbefreiungen für die oben angeführten Depotübertragungen kommen jedoch nur dann zur Anwendung, sofern nicht ein Fall der Wegzugsbesteuerung vorliegt. So ist etwa bei der unentgeltlichen Übertragung auf ein Auslandsdepot eines anderen Steuerpflichtigen (Pkt. 5) zu prüfen, ob der Tatbestand der Wegzugsbesteuerung erfüllt ist. Im Zweifel ist von einer Übertragung an einen beschränkt Steuerpflichtigen auszugehen, womit im Zeitpunkt des Depotübertrages durch die depotführende Stelle zwingend ein KESt- Abzug vorzunehmen ist.

Sonderfall Altvermögen:

Da Veräußerungsgewinne von sogenannten Altvermögen grundsätzlich steuerfrei sind, gelten die Regelungen zur Veräußerungsfiktion grundsätzlich nur für Neuvermögen. Erfolgt die Depotübertragung von Altvermögen jedoch auf ein österreichisches Depot wird die Bank die Fortführung als Altbestand nur fortführen können, sofern die Anschaffungsdaten mitgeteilt wurden. Mangels Datenaustausch an die depotführende Stelle setzt diese pauschale Anschaffungskosten an und unterliegen spätere Veräußerungsgewinne keiner Endbesteuerung. Im Ergebnis bedeutet dies, dass für Wertpapiere, für die kein Informationsaustausch stattgefunden hat, eine Veranlagung über die Steuererklärung zu erfolgen hat, um die tatsächlichen Anschaffungskosten bzw. die Qualifizierung als Altbestand richtig zu erfassen.

Empfehlung: Um die Besteuerung von noch nicht verwirklichten Kursgewinnen zu vermeiden und um von der Endbesteuerungswirkung in Österreich zu profitieren (dh. Kapitalerträge sind in der Regel durch Abzug der KESt abgegolten), sollten Sie sich jedenfalls vor einem geplanten Depotwechsel erkundigen, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer fiktiven Veräußerung erforderlich sind.

Wir stehen Ihnen für eine Beratung gerne zur Verfügung.

 

 

 

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